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1. Kleine Geographie von Elsaß-Lothringen - S. 64

1895 - Straßburg : Heitz
64 V. Der Kreis R a p p o l ts w e ile r. 61,800 Einwohner, 459 □ km. 1. Die Stadt Nnppoltsweiler ^ [Ribeauville] (5900 Einw.) liegt am Eingang des reizenden Strengbachthales, durch welches die ' Straße von Colmar nach Markirch zieht. Im oberen Teile der Stadt, auf einer Anhöhe, lag das Schloß der ehe- maligen Grafen von Rappoltstein. Ueberragt wird die Stadt von den Ruinen der drei Schlösser: Giersberg, Ulrichsburg und Hohrappoltstein, Sitz der mächtigen Grafen von Rappoltstein, bevor sie ihren Aufenthalt in das schon erwähnte Schloß verlegten. Von den zahlreichen Klöstern, welche sich vor Zeiten auf dem Gebiete der Stadt befanden, besteht nur noch das Augustinerkloster, welches gegenwärtig dem Orden der Schwestern der „Vorsehung" angehört. Erziehnngs- anstatt für juuge Mädchen. Der Herrengarten, vor dem östlichen Ein- gange der Stadt, ist eine schöne schattige Anlage, die von Eberhard von Rappoltstein 1617 angelegt wurde. — In einem kleinen Seitenthale, 3 km von der Stadt, rechts der Markircher Straße, liegt der berühmte Wallfahrtsort Dusenbach, der kürzlich wieder ausgebaut wurde. Die h. Maria von Dusenbach war die Patronin der Musikanten im Elsaß, daher der Patronstag hier noch der P s e i f e r s ta g genannt wird. Die Grafen von Rappoltstein waren die Pfeifer- könige, d. h. die Schutzherren der außerhalb der Ge- setze stehenden Zunft.

2. Kleine Geographie von Elsaß-Lothringen - S. 67

1895 - Straßburg : Heitz
67 fabrik, Holzstofffabrik für Papier, mehrere Mühlen und treibt Handel mit Kirschwasser. Endstation der Kaysersberger Thalbahn. Urbeis [Orbev] (4700 Einw.), zerstreut lie- gende Gemeinde. Spinnereien, Webereien, Papier- fabrik. Hier und in der Umgegend (Labaroche, Zell) wird ein eigentümliches romanisches Patois gesprochen. Oberhalb von Urbeis die alte berühmte Cistercienser- abtei Pairis, jetzt Spital von Urbeis mit neu- erbauter Kirche. Vi. Der Kreis Colmar. 85,500 Einwohner. 663 □ km. 1. Gtoiiiinr* (30,400 Einw.), die Hauptstadt des Bezirks Ober-Elsaß, in einer fruchtbaren Ebene, 5 km von den Vogesen, 20 vom Rhein und 70 von Straßburg, an der Eisenbahn Straßbnrg-Basel. Ausgangspunkt der Kaysersberger Thalbahn (Colmar- Schnierlach). Sitz des Bezirkspräsidiums, des Ober- laudesgerichtes sür Elsaß-Lothringen, eines Land- gerichtes und eines Hauptsteueramtes. Die Stadt hat eiu Lyeeum, zwei Lehrerseminare, eine Präparanden- schule. Garuison. Die Stadt wird von der Fecht und der Lauch bewässert. Die merkwürdigsten Gebäude der Stadt sind: die Pfarrkirche zu St. Martin oder das Münster, welches im 13. Jahrhundert erbaut wurde. Die im 13. Jahrhundert erbaute Frau zis- kaner- (Barfüßer-) Kirche, in welcher jetzt die

3. Kleine Geographie von Elsaß-Lothringen - S. 79

1895 - Straßburg : Heitz
79 und Wacken; zum Ost-Kanton die Häuser vor dem Metzgerthor, an der Rheinstraße, der Polygonstraße, das Neudorf, die Musan und die Häuser vor dem Spi- talthor, an der Colmarer Straße; zum Süd-Kanton der Neuhof und die Ganzau (eigentlich Gambsau, von dem Namen Gambs); zum West-Kanton endlich die Hänser vor dem Weißturmthor, „G-rünerberg", Lingolsheimer Straße, Königshofen und Kronenburg vor dem Thore dieses Namens. Die Jll, mit welcher sich die B reusch vor dem Schirmeckerthore vereinigt, fließt von der Südwest- seite in die Stadt und auf der Nordostseite wieder aus derselben. Die Zahl der Straßen, Gäßchen und Plätze derselben verniehrt sich jährlich durch die verhältnisniäßig starke Bauthätigkeit ans dem neu gewonnenen Gebiete der Stadterweiterung. Die wichtigsten der alten Plätze sind: der Münsterplatz, der Schloßplatz (ehemals der Frouhof), der Gutenbergplatz mit der Statue von Joh. Gutenberg,1 der Kleberplatz mit der Statue des Generals Kleber, 2 der Broglieplatz mit dem Denkmal König Ludwigs I., der am Broglie, im Ochsensteiner- Hose (Generalkommando) geboren wurde, der Thomas- platz, der zum Obstmarkt dient, der Jung-St. Peter- platz, der neue Markt, der Neukirchplatz, der Stephans- 1 Joh, Gutenberg von Mainz soll hier 1436 bis 1440 gelebt und die Buchdruckerkunst erfunden haben, die er zuerst in Mainz anwandte. 2 Jean-Baptiste Kleber, geb. 1753 zu Straßburg, wurde in Kairo, am 14. Juni 1800, von einem fanatischen Mo- hamedaner ermordet.

4. Kleine Geographie von Elsaß-Lothringen - S. 24

1895 - Straßburg : Heitz
24 ehnheim bis zu ihrer Mündung trägt sie den Namen Er g er s. Von Oberehnheim führt eine Straße durch das Kliugenthal auf den Odilienberg. Dieser Berg ist wohl der merkwürdigste des El- saß. Er bildet einen langen Rücken, dessen südlich vorspringender Teil, der Männelstein, den höchsten Punkt ausmacht. Von den Felsen herab übersieht man fast das gauze Elsaß und den Breisgau1 bis an den Schwarzwald. Am Abhange des Berges erheben sich -die bereits erwähnten Ruinen des Schlosses Landsberg und etwas tiefer die Ruine des ehemaligen Klosters Trnttenhausen. Einige Schritte von dem Felsen des Männelsteins beginnt die merkwürdige Heidenmauer, welche aus großen ungleichen Qnadratsteinen besteht, die ohne Mörtel auseinandergesetzt sind. Der Umfang der Mauer beträgt 10,500 Meter, und die dadurch eingeschlossene Fläche enthält über eine Million Qua- dratmeter. Geht mau vom Männelstein über den Rücken des Berges (die Bloß), so gelangt man zu den schroffen Felsen) wo Hohenburg (Altitona) oder das Odilien-K'loster, 16 Meter tiefer als der Manuel- stein, steht. Hohenburg war iu der zweiten Hälfte des siebenten Jahrhunderts im Besitze des sagenumwobenen Herzogs' Attich oder Eticho, dieser schenkte .es seiner Tochter, der heiligen Odilia, welche hier zu Ende desselben Jahrhunderts ein Frauenkloster errichtete. 1 Landschaft am badischen Oberrhein.

5. Theil 3 - S. 28

1880 - Stuttgart : Heitz
28 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Wehrlosen, und der Markgraf von Ansbach ließ 85 Bauern die Augen ausstechen, weil sie einmal gesagt hatten, sie wollten ihn nicht mehr ansehen. Die Zahl der Gebliebenen aus beiden Seiten wurde auf 100—150,000 gerechnet. Beide Theile hatten in blinder' Wuth zerstört und verwüstet; in Franken allein waren über 200 Stätten verbrannter Dörfer. Mehrere Tausend Waisen irrten ohne Obdach umher. Die Ruhe war wieder hergestellt, aber es war die Ruhe des Kirchhofs, die nur von dem Jammer unzähliger Opfer unterbrochen wurde. Es währte lange, ehe aus der Asche verbrannter Dörfer neue Wohnungen emporstiegen. Etwas Aehnliches trug sich in demselben Jahre in Thüringen zu. Als Luther die Bilderstürmereien in Sachsen unterdrückt hatte, waren die Wildesten über die Grenze gegangen. Nur ein schwärmerischer Prediger, Thomas Münzer, einst ein Schüler Luthers, war in Thüringen geblieben und trieb nach wie vor sein Wesen; zuerst in Zwickau. Er predigte nicht nur gegen den Papst, sondern auch gegen Luther, weil dessen Lehre nicht weit genug ginge und nur die Kirche, nicht auch die weltliche Obrigkeit verbessern wolle. Es müßte Gemeinschaft der Güter eingeführt und die Gewalt der Fürsten abgeschafft werden. Dabei verlangte Münzer von seinen Anhängern, daß sie sich nicht nur der groben Laster enthielten, sondern auch safteten, in schlechten Kleidern gingen, immer ernsthast und traurig aussähen, wenig sprächen, den Bart wachsen ließen und von Gott Offenbarungen durch Träume erwarteten. Wenn dann keine sich zeigten, so müsse man derb auf Gott schelten; das sähe er gern, weil es ein Zeichen eines eifrigen Gemüths sei u. s. w. Daß aber Münzer nicht blos ein überspannter Thor, sondern auch ein Betrüger war, hat sich bald erwiesen. Es lief ihm bald eine Menge von Menschen nach; alle halten Träume, erzählten sie Münzer, und dieser legte sie ihnen aus. Endlich wurde der Lärm so arg, daß der Kurfürst den Patron aus dem Lande jagte. Aber er kam bald wieder, und die Bürger von Mühlhausen in Thüringen wählten ihn gar zu ihrem Prediger. Nun erst wurde der Lärm recht arg. Münzer predigte Aufruhr und Ungehorsam gegen die Obrigkeit, und da der Magistrat das nicht dulden wollte, jagte Münzer denselben aus der Stadt und machte sich zum Bürgermeister. Da er lehrte, daß alle Güter allen gehören müßten (Kommunismus), und den Reichen ihre Besitzungen wegnahm, so bekam er auch vom Lande großen Zulauf; das faule Volk wollte nicht mehr arbeiten und schmauste nun von dem Gelde der Rei-

6. Theil 3 - S. 71

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 71 Huldreich Zwingli wurde 1484, also ein Jahr später als Luther, im Dorfe Wildhaus im Canton St. Gallen (zwischen Wallenstädt und Appenzell) in Helvetien geboren. Obgleich sein Vater, ein Amtmann, acht Söhne hatte, so sorgte er doch, daß sie gut unterrichtet wurden, und schickte den Huldreich nach Basel, späterhin nach Bern auf die Schule. Nachdem er in Wien und in Basel studirt hatte, wurde er Pfarrer in Glarus. Hier war ihm eine Bibel in die Hände gefallen und sie wirkte auf ihn eben so wie auf Luther. Er konnte nicht von ihr wegkommen; alles zog ihn unwiderstehlich an, und wie erstaunte er, als er fand, daß von vielen Lehrsätzen der römisch-katholischen Kirche kein Wort in der Lehre Jesu stände. Als er 1516 Prediger in dem berühmten Kloster und Wallfahrtsorte Maria Einsiedeln geworden war, trat er mit Unerschrockenheit zur Vertheidigung der Wahrheit auf. Er predigte, unterstützt von dem aufgeklärten A^te daselbst, dem zu Tausenden nach dem Gnadenorte strömenden Volke, daß die Wallfahrten und die andern äußern Leistungen keinen Werth hätten, wenn der innere Mensch sich nicht bessere. Wohl mochten die andern Geistlichen darüber den Kopf schütteln; aber er galt für einen so durchaus frommen Mann, daß keiner von ihnen seine Lehre anzutasten wagte. Nun berief man ihn nach Zürich, zwei Jahre später, als Luther die 95 Sätze angeschlagen hatte. Gleich in seiner ersten Predigt lehrte er das reine Evangelium, wie es uns die Apostel hinterlassen haben, frei von allen menschlichen Zusätzen, und so fuhr er fort zu lehren und bekämpfte muthig Aberglauben, Unglauben und Laster, wo er sie fand. Damals reiste in der Schweiz ein italienischer Franciscanermönch, Bernardin Samson, umher und predigte, wie Tezel in Norddeutschland, den Ablaß. Aber Zwingli eiferte gegen den schändlichen Mißbrauch so laut, daß Samson nicht in Zürich eingelassen wurde. Dies ermunterte den braven Zwingli weiter zu gehen und auch die andern Mißbräuche der römischen Kirche anzugreifen, und dadurch wurde ihm fein Werk erleichtert, daß der Rath von Zürich ihm Beifall gab und feine Verbesserungen unterstützte; ja schon 1520 wurde befohlen, daß in Zürich und dessen Gebiete das Wort Gottes ohne menschliche Zusätze gelehrt werden sollte, und nachdem dies zwei Jahre lang geschehen war, wurden auch die äußeren Gebräuche, die dem reinen Evangelium zuwider sind, die Messe, die Ohrenbeichte u. bergt, abgeschafft. Da nun Zwingli fortfuhr, für Ausbreitung der einfachen Lehre

7. Theil 3 - S. 73

1880 - Stuttgart : Heitz
Huldreich Zwingli. 73 seiner Wohnung auf dem Stiftplatze sammelte sich das Kriegsvolk. Das Pferd, welches ihn tragen sollte, ward herbeigeführt; er schnallte sich den Panzer um und sprach nun zu seiner treuen Frau: „Die Stunde ist gekommen, daß wir uns trennen! Es sei so! Der Herr will es so! Er sei mit dir, mit mir und mit den Unsern!" Und als er sie zum letzten Mal in seine Arme schloß und sie vor Schmerz kaum sprechen konnte, blickte sie weinend gen Himmel und fragte: „Und wir sehen uns wieder?" — „Wenn der Herr es will!" antwortete Zwingli voll festen Vertrauens, „sein Wille geschehe!" — „Und was bringst du zurück, wenn du kömmst?" fragte Anna weiter. — „Segen nach dunkler Nacht!" sprach er mit fester Stimme. Dann küßte er die Kleinen, riß sich los und eilte fort. Noch sah ihm Anna mit gepreßtem Herzen nach, und als er um die Ecke der Straße bog und sie ihm das letzte Lebewohl zugewinkt hatte — da hatten sich beide hienieden das letzte Mal gesehen. Anna warf sich weinend mit ihren Kindern in der einsamen Kammer auf die Kniee und betete zu dem, der im Gebete Kraft giebt: „Vater, nicht mein, dein Wille geschehe!" Auch sie erhielt diese Kraft, so daß sie nicht erlag, als die Kunde kam, daß die Schlacht verloren gegangen und ihr geliebter Gatte umgekommen sei. . Am 11. Nov. 1531 war es bei Cappel, zwischen Zürich und Zug, am südlichen Abhange des Albis, zur Schlacht gekommen, die Züricher wurden von der Uebermacht der katholischen Cantons besiegt; auch Zwingli, der unter den Vordersten kämpfte, wurde mit Wunden bedeckt, sein Pferd getödtet; zuletzt sank er selbst nieder. Eben erst hatte er einem Sterbenden trostreiche Worte zugerufen. Mehrere der Feinde umstanden den edlen Mann, der mit heiterm Gesicht, den Blick gen Himmel gerichtet, dalag, und fragten ihn, ob er einen Beichtiger verlange? Da er dies, so wie die Anrufung der Heiligen, die man ihm zumuthete, ablehnte, rief ihm der Haupt-mann Vockinger aus Unterwalden zu: „So mußt du sterben, du hartnäckiger Ketzer!" und durchstach sein treues Herz. Erst nach der That erkannte man ihn, und nun strömten auf die Nachricht, der Ketzer Zwingli liege draußen erschlagen, Unzählige herbei und starrten mit wahrer Schadenfreude die Leiche des braven Mannes an. Nur ein Einziger zeigte Gefühl, ein Eonventual; ihm traten die Thränen in die Augen und gerührt sprach er: „Welches auch dein Glaube gewesen ist, ich weiß, daß du ein frommer Eidgenosse warst. Gott sei deiner Seele gnädig!" Der Leichnam wurde noch

8. Theil 3 - S. 75

1880 - Stuttgart : Heitz
Johann Calvin. 75 innern. Johann Calvin war 1509 in Noyon in Frankreich geboren. Sein Vater, ein angesehener Mann, erzog ihn mit äußerster Strenge und bildete wohl dadurch den Eigensinn und die Härte des Gemüths aus, die wir nachher bei ihm wahrnehmen. Seine innige Religiosität verdankte er vorzüglich seiner frommen Mutter, die ihn schon als kleines Kind zu ihm, dem Unsichtbaren hinleitete. Schon auf der Schule zeichnete et sich durch Fleiß und Kenntnisse aus, und er war erst 18 Jahr alt, als er schon eine Pfarrstelle erhielt. Wie die andern Reformatoren, so wurde auch er durch die Kenntniß der Bibel zum evangelischen Glauben geführt. Nachdem er in ihr aufmerksam gelesen und von der Lehre Zwingli's viel gehört hatte, fing er an zu zweifeln, ob es wohl mit den Lehren der römischen Kirche seine Richtigkeit habe. Anfangs wurde es ihm schwer, sich von den Vorurtheileu, die ihm der Jugendunterricht beigebracht hatte, loszumachen. Endlich überzeugte er sich von ihrer Falschheit, und nun ergriff er die neue, oder vielmehr altchriftliche Lehre mit der ganzen Kraft der innigsten Ueberzeugung. Seine Gewissenhaftigkeit erlaubte ihm nun nicht länger, seine Psarrstelle zu behalten; er legte sie nieder und ergriff das Studium der Rechte. So große Fortschritte er darin auch machte, weil er alles, was er trieb, mit Verstand und Eifer anfing, so zog ihn doch bald der Gedanke, die aus der Bibel geschöpften Wahrheiten des Evangeliums unter den bisher durch das Papstthum verblendeten Menschen zu verbreiten, noch mehr an. Er predigte und fand ausnehmenden Beifall. Das trieb ihn noch mehr an, seinen Entschluß auszuführen, und nun trat er ganz zu der Lehre Zwingli's, die in Frankreich schon viele Verehrer gefunden hatte, über. Da aber der König von Frankreich, Franz I., die Evangelischen verfolgte, so sah sich auch Calvin genöthigt, das Reich zu verlassen. Er wandte sich nach Basel, und als er auf seiner Reise in Genf bewogen wurde, zu predigen, fand er so ungeheuern Beifall, daß man ihn nicht mehr wegließ, und er eine Predigerstelle annehmen mußte. Mit der größten Thätigkeit nahm er sich nun hier seiner Kirche an; aber seine Herrschsucht und Rechthaberei zog ihm viele Feinde zu, so daß noch keine zwei Jahre vergangen waren, als der Magistrat ihn schon aus der Stadt wies. Kaum hörte man davon in Straßburg, als man den nun schon berühmten Mann als Professor und Prediger berief. Hier heirathete er auch, blieb aber nur drei Jahre da; denn in Genf hatte sich indessen die Stimmung geändert: seine Freunde im Magistrat hatten die Oberhand gewonnen und baten

9. Theil 3 - S. 29

1880 - Stuttgart : Heitz
Münzersche Unruhen. 29 chen. Einzelne Horden zogen unter Pfeifer, einem weggelaufenen Mönche, der Münzern an Tollkühnheit noch überbot, in die Nachbarschaft aus, plünderten Häuser und Kirchen und kehrten mit Schätzen beladen wieder heim, und nun wollte Münzer das ganze Land aufwiegeln. Er schrieb an die ehrlichen Bergleute im Mans-seldschen: „Nun ist es hohe Zeit; ganz Deutschland, Frankreich und Welschland sind wach. Der Meister will ein Spiel mit uns machen, die Bösewichter müssen dran. Die Bauern sind auf, an 300,000 stark, und wird der Haufe je länger je größer." So brach er auf und lagerte sich beim Städtchen Frankenhausen in Thüringen. Indessen zogen die benachbarten Fürsten Truppen zusammen, dem tollen Hausen die Köpfe zurecht zu setzen. Johann der Standhafte, Philipp von Hessen und andere führten ein Heer gegen die Aufrührer. Aus Mitleiden mit dem verblendeten Volke schickten sie erst einen Edelknaben an sie ab und ließen ihnen Gnade anbieten, wenn sie gleich auseinandergingen und Münzern auslieferten. Dieser erschrak über die Gefahr, in der er schwebte, trat auf und hielt eine feurige Rede an die Bauern, die er damit endigte, daß sie sich nur nicht fürchten sollten vor den Kugeln der Feinde; denn die würde er alle mit seinem Aermel auffangen, und wer in der vordersten Reihe niedergeschossen würde, stünde in der hintersten wieder lebendig auf. Ihm sehr zur gelegenen Zeit entstand gerade ein Regenbogen am Himmel. „Seht!" schrie er, „das Zeichen des Bundes, welchen Gott mit uns macht! Dieser Bogen ist der Bürge unseres Sieges und des Untergangs unserer Feinde. Frisch angegriffen also!" — Aber noch standen die Bauern unschlüssig da, sahen ihn an und stellten Betrachtungen an über seinen Aermel. Da ließ er den armen Edelknaben in Stücke hauen, damit jeder Weg zum gütlichen Vergleiche abgeschnitten würde, und nun griffen alle zu den Sensen, Piken und andern Waffen und erwarteten die Feinde. Diese ließen auch nicht lange auf sich warten. Die Kugeln sausten, die Reiter jagten herbei, und wie Spreu waren die Bauern beim ersten Anlaufe auseinandergesprengt. Sie sahen sich nach Münzer und seinem Aermel um; aber bei dem ersten Kanonenschüsse hatte er die Flucht ergriffen und sich in Frankenhausen auf einem Heuboden versteckt. Die armen Bauern sahen nun ihre Verblendung ein, fielen nieder und baten um Gnade. Aber jetzt war es zu spät. Viele wurden niedergeritten, an 5000 erschlagen, und die Gefangenen nachmals enthauptet. Dasselbe

10. Theil 3 - S. 4

1880 - Stuttgart : Heitz
4 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Freund Alexius wurde in einer Nacht erstochen; von wem und warum, wird nicht erzählt, und bald darauf schlug ein heftiger Blitzstrahl, als er einst von einer Ferienreise zu den Aeltern nach Erfurt zurückkehrte, so dicht neben ihm in die Erde nieder, daß er lange ganz betäubt davon war.*) Beides, der Verlust seines Freundes und die wunderbare Errettung aus der Todesgefahr, wirkten so tief auf sein krankes Gemüth, daß er, die Welt zu verlassen, sich fest vornahm. Er wollte nun seine Seele ganz Gott und der Kirche weihen; denn er glaubte, so wolle es Gott. Noch einmal lud er seine liebsten Freunde zu sich ein, gab ihnen, ohne ein Wörtchen von seinem Plane fallen zu lassen, einen kleinen Abschiedsschmaus, ging noch in derselben Nacht nach dem Augustinerkloster in Erfurt und ließ sich hier einkleiden (1505). Seinem Vater schickte er seine weltlichen Kleider und seinen Magisterring mit einem Briefe, in welchem er ihm seine Gründe auseinandersetzte. Der alte Mann, der gehofft hatte, sein Martin sollte einmal ein gewandter Rechtsgelehrter werden und dann ihn und die Mutter im Alter unterstützen, bedurfte lange Zeit, ehe er sich in den veränderten Entschluß fand, konnte aber endlich nicht umhin, den Gründen seines Sohnes Recht zu geben. Im Kloster nun ging es dem armen Luther gar traurig. Während seines Probejahres wurden ihm die allerdrückendsten Geschäfte aufgebürdet. Er mußte die allerniedrigsten Dienste verrichten: die Kirche ausfegen, die Thüren auf- und zuschließen, die Thurmuhr aufziehen, die Unreinigkeiten des Klosters austragen, ja sogar mit dem Bettelsacke auf dem Rücken in Erfurt umherlaufen, um Brot, Getreide, Eier, Fische, Fleisch und Geld zusammenzubetteln (denn der Orden der Augustiner war ein Bettelorden), und dies war ihm um so empfindlicher, da ihn in Erfurt jedermann kannte und nicht selten die Leute mit Fingern auf ihn zeigten. Aber alles erträgt der Mensch leicht, wenn er die feste Ueberzeugung hat, daß Gott es so haben wolle, und diese Gewißheit hatte der fromme Luther. Hatte er nur irgend Zeit, so saß er über der Bibel, um immer besser den Willen Gottes kennen zu lernen. Dabei mußte er oft hören, wie die Mönche ihm vorwarfen, man müsse nicht mit Studiren, sondern mit Einsammeln *) Gewöhnlich wird erzählt, Alexius sei auf einem Spaziergange neben ihm vom Blitze erschlagen worden; allein die Erzählung, wie sie im Texte steht, ist die wahrscheinlichere.
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